Freitag, 3. April 2015
Collect moments, not things
Wie leben in einer furchtbar versnobten Welt, in der Campingurlaub nicht etwa bedeutet auf alles außer dem Notwendigen zu verzichten sondern mit dem Luxushaus auf Rädern auf dafür angelegte Plätze zu fahren.
Bei einem Spaziergang über diese Plätze bemerkt man auch die auffällig mutierten Zelte, die nicht mehr als Schlafplatz dienen sondern in Wohn-, Ess-, Koch- und Spielbereich unterteilt werden.
Improvisation ist out. Für alles was jemals improvisiert werden musste gibt es eine Erfindung, jede Marktlücke wird entdeckt und sofort eliminiert. ''Schatz, das ist aber ein praktisches Hängematten- Aufhäng-Gestell'', die Benennung dieser Neuerfindungen ist nicht immer leicht, verläuft aber immer nach demselben Muster. Man nehme völlig frei ein neu erfundenes Wort das möglichst treffend die ausgemerzte Marktlücke beschreibt und hänge ein ''praktisch'' davor. Weil diese wunderbaren neuen Dinge alle so praktisch sind.
Sie sind praktisch weil sie uns das Denken abnehmen. Im ''Hängematten-Fall'' das Suchen nach zwei passenden Bäumen, das suchen nach einer alternative wenn zwei Bäume nicht nah genug zusammen stehen und so weiter. All das braucht es nicht mehr. Was manch einem überarbeiteten Camper auch recht gelegen kommen mag, der das Denken im Urlaub gerne der Marktforschung überlässt und bei dem die Freude über eine neuerworbene Lebensvereinfachung die Freude ersetzt die die selbst improvisierte Lösung eines Problems im Menschen auslöst. Manch einer möchte meinen dass es letztendlich nicht wichtig ist worüber man sich freut. Ich aber denke, die Kreativität der Gesellschaft leidet darunter, genau wie die Kreativität der Kinder leidet, wenn sie nur mit fertig zusammengestellten Spielsets spielen, leidet hier die Kreativität der Erwachsenen.
Inwieweit das ein Problem ist, wird jeder für sich selbst entscheiden müssen.



Everything is about Sex expect Sex. Sex is about power.
Otto Gross, manch einer kennt den Namen vielleicht aus "Monte Veritá. Der Traum vom alternativen Leben.", ein Film der eine Alternativbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts, die auf Veganismus, Naturheilkunde, Feminismus, Pazifismus und freier Liebe basiert, dokumentiert. Andere eventuell aus "Eine dunkle Begierde", ein Film der über den Psychoanalytiker Carl Jung berichtet.
Aber wer war dieser Mann? Otto Gross, ein Psychoanalytiker, ein Rebell. Übermäßiger Drogenkonsum, Anarchismus und leichtlebige Affären bestimmen sein Leben und seine Auswirkung auf die Psychoanalyse.
Gross war nicht homosexuell, sah jedoch die Zweigeschlechtlichkeit als notwendig, jeder Mann müsse sich über seine homosexuelle Komponente bewusst sein um eine funktionierende Beziehung zu führen. Sein Wunsch die Freiheit des Mitmenschen zu respektieren reichte weiter, von Krankheit als Ausdruck des Protests bis zum Erfüllen des Todeswunsches von Patienten.
Was ist von uneingeschränkter Freiheit zu halten? Fragt man Familienmitglieder eines Drogenabhängigen ob Drogen legalisiert werden sollen, wird man ein eindeutiges 'Nein' zu hören bekommen. Fragt man den Gelegenheits-Kiffer wird die Antwort 'Ja' sein. Fragt man die Familie eines gescheiterten Selbstmörders ob man jedem das Recht geben solle über sein Leben selbst zu entscheiden, ist die Antwort ebenso eindeutig wie die Antwort auf dieselbe Frage an einen langjährigen Boderliner.
Jeder kann von Gross etwas anderes mitnehmen, was er mir begreiflich machte ist die Tatsache, dass Mensch potentielle Gefühle für Männlein und Weiblein hat. Solange dieses Bewusstsein unterdrückt ist, wird man sich schwerlich über sich selbst Bewusst sein können.
Und warum wissen so wenige von Gross…. Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, verhängte eine Damnatio memoriae über ihn. Vielleicht weil er seiner These, die Sexualität sei die Grundlage aller Neurosen, in Frage stellte.
Otto Groß, ein Mann, der von Carl Gustav Jung analysiert wurde, mit Franz Kafka eine Zeitschrift plante, Raoul Hausmann inspirierte, und der Hippie unter den Psychoanalytikern.